Gedanken zu Korrespondenzblätter 7

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  • Beitrag zuletzt geändert am:22. Oktober 2023
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Elisabeth Göbel

Wenn ich das ganze 7. Korrespondenzblatt auf mich wirken lasse, auch als Nachklang, kann ich in ihm den doppelten Zeitstrom in 5 Teilen erleben. Einige Gedanken im Hinblick auf den Weg der 19 Klassenstunden möchte ich dazu festhalten, sie entgleiten sonst so leicht.

Im ersten Teil ist zu dem Forschen um Verständnis von LOGOS und SOHN dort die Frage gestellt, ob Rudolf Steiner in diesen beiden Worten die gleichen, oder ob er unterschiedliche Wesenheiten meint. Dazu habe ich die Frage, ob es ohne viel Textforschung auch legitim ist, zwei verschiedene Beziehungen zu meinem Inneren aufzusuchen, Empfindungen von zwei Wegen zum zentralen Ereignis unserer Erdenentwicklung. LOGOS kommt aus unfasslich kosmisch weiten Räumen wie ein alles umfassender Klang im Weltenall – weder kalt noch warm , nur gewaltig. – SOHN hingegen trifft mich im Innern wie ein heller Wärmestrahl. Da tauchen die rätselhaften Sätze Rudolf Steiners vor mir auf:

„Es ist ein Glänzen nicht von Licht, es ist ein Glänzen von Liebe. Denn in denjenigen Orten, wo dasjenige, was sonst im Umfange ist, sich im Mittelpunkte sammelt, liegen auch die Ursprünge der Liebesmächte.“

Rudolf Steiner 11. Kl-Std. 3. Mantram

Mit der Tat sollen wir dort antworten. – Es sind verschiedene Wege zu dem zentralen Paulus-Wort. In der Kinderhandlung der CG und auch in der Schulfeier antworten die Kinder: „Ich will Ihn suchen.“

Ich erinnere mich, wie in der 13. Klassenstunde, vom Hüter öffnend, wie uns von der ersten Hierarchie zugerufen wird, auf was wir in uns blicken sollen. Ich spüre, ich kann es nicht erfüllen ohne Ihn. Und nun kann man aus der Zukunft des Mantrenweges in seiner Gesamtheit hören, wie in der 14. Stunde der Hüter, mahnend am Abgrund stehend, seine Rechte gegen uns wendend, tief einschneidend vier Fragen an uns richtet. Eingespannt in die Widersachermächte antwortet in uns Christus aus Seelentiefen. Dabei sind wir in unseren Herzen angekommen. Nun treffen sich die beiden Zugänge im Empfinden und im Vertiefen in LOGOS und SOHN als eine neue Qualität wie ein neuer Einschlag oder einer Geburt. Mir ist verständlich, dass Rudolf Steiner in seinen Vorträgen denjenigen Begriff ergreift, der seinem eingeschlagenen Weg entspricht. Dem würde der Entwicklungsgedanke seines Forschungsweges nicht widersprechen. Aus der Zukunft scheint mir in aller Zartheit die 19. Stunde in ihrer Dreieinigkeit, in ihrer Entfaltung der Gottheit innerhalb der 1. Hierarchie entgegen zu leuchten, da die letzten Zeilen der drei Mantrenstrophen gleichlautend tönen.

Dann im zweiten Teil widmet sich das Korrespondenzblatt in eindrücklicher Weise der esoterisch jüdischen Tradition. „Die Umkehr zur Sphäre des Heiligen als gegenwärtige Wirklichkeit, zu der der gegenwärtige Mensch wirklich Zugang gewinnen kann“, so heißt es nun. Es ist ja auch inzwischen das Michael-Zeitalter für alle Menschen eingetreten. Michael trägt jetzt das Antlitz Christi und nicht mehr das des Jehovah. Das merkt man den wunderbaren Ausführungen an „in der Dimension eines heiligen Humanismus“. Sie sind ja im 20. Jahrhundert gemacht worden. Das aber die „Denkweise“1 nach Golgatha sich um der Ich-Entfaltung willen von Blutsbanden, grundlegenden „israelische(n) Einschlag“ freikämpfen musste und dadurch für alle Völker der Erde gelten kann, ist tief zu empfinden. Darin besteht ja die „Zeitenwende“ (s. Grundsteinspruch).

Es wird die Schöpfung aus dem Nichts besprochen, den „Ursprung oder Quellort, der gleichsam ans Jenseits des Seins“ grenzt oder sogar überschreitet. Was ist das Nichts? Bei dieser Ausführung gedenke ich wieder des obengenannten Zitates aus der 11. Stunde. – Da wir als heutige Menschen genötigt sind, es von innen her erarbeiten müssen – so denke ich – um im Bewusstseinszeitalter zu einer Wirklichkeit des Geistes vorzustoßen, sollten Weisheiten zum menschlichen Inneren eine Beziehung haben können. Ich verstehe darum, dass R.Steiner zu den Bemühungen der damaligen Theosophen sagte, die mit 7×7 usw. Wurzelrassen auch vor die Schöpfung geraten wollten, dass es für die Menschheitsentwicklung nicht relevant sei. Stattdessen ist ein Ursprung aus rein geistiger Wärme in eine Veräußerung, die mit der unendlichen schöpferischen Ur-Liebe zu verstehen ist, ahnend nachvollziehbar. Nicht aus der Vereinigung von „irdischem Intellekt und himmlischer Weisheit“ entsteht etwas Neues, wie es in der jüdischen Auffassung heißt, sondern – so verstehe ich es – ist es ein Vereinen von Liebe, Weisheit und Weltenwillen. Dabei stehen wir nun in der zweiten Zeitenwende. Die Annäherung an ein Erlebnis von „dem Nichts“ kann vielleicht im leeren Bewusstsein für Augenblicke erreicht werden? Und hier kommt der doppelte Zeitstrom zur Geltung, wenn wir der 18. Stunde entgegen sehen. Die Umwandlung unseres ganzen Menschen ist dort durch die vorigen Klassenstunden vorbereitet, „dem Nichts“ zu begegnen, kraftvoller, als in der ersten Stunde vom Hüter geforderten Auslöschung des äußeren Sinnenscheins, um diese in ihm wirkenden geistigen Realitäten immer mehr wahrzunehmen lernen. Kann da nicht auch das Empfinden einer Fülle eintreten, die als keimende Möglichkeiten schon im Urbeginne schlummerten?

Ist nicht der Mensch als dreigliedriges Wesen ein Ebenbild Gottes? Die Gottheit in ihrer Dreifaltigkeit als Einheit eine Unvollkommenheit? Das sind die Fragen, die mir beim Lesen über die jüdische Esoterik kamen.Wäre der Anfang alles Werdens nicht fassbarer, wenn man durch die Prüfung der 18. Stunde durchgegangen wäre und nun in der 19. Stunde in die Welt der Quellorte des Urseins der Liebe, des Lichtes und des Lebens gewiesen wird? Die Zukunft des Zyklus der Klassenstunden leuchtet uns wieder entgegen.

Wunderbar steht nun in der inhaltlichen Mitte des Korrespondenzblattes der dritte Teil der fünf Themen die zweite Tafel, in der der Hüter sich zeigt als der Bote Michaels, der in der kürzesten Formulierung die Aufgabe des Erdenmenschen in sich trägt. Im Bericht einer Gesprächsarbeit wird gemeinsam beleuchtet, wie ein Mantram in seiner Struktur, der Wortwahl und des Sinnbogens richtende Kräfte in sich birgt.

Als vierten Teil – also gleich nach der inhaltlichen Mitte dieses Heftes -, kann ich die ersten beiden Beiträge des Berichtes einer Forschungstagung in Hamburg erleben. Das Thema war der „Aufgabe zur Verankerung des Reinkarnationsgedankens zum sozialen Heil der europäischen Kultur neu zu verankern“ gewidmet. Im ersten Bericht waren Beschreibungen von aufleuchtenden Erinnerungen im jetzigen Leben wie aus vergangenen Zeiten, in der Hoffnung, ähnliche Erlebnisse bei den Teilnehmenden hervor zu locken, um die Aufgabenstellung mit eigenen Erfahrungen verbinden zu können. Im zweiten Bericht war die Frage nach „des Gewissens Seelenführung“ in der 13. Stunde aufgeworfen. Der Entwicklungsgesichtspunkt des Gewissens, wie er zutage tritt im vorchristlichen Zeitalter: Indem er sich überhaupt erst nach einem Nicht-Vorhandensein langsam regt im Gegensatz zur nachchristlichen Zeit, nach dem der ermöglichende Wendepunkt für die menschliche Seele durch Golgatha gegeben war. Hier ist das Pendant zur jüdischen Tradition zu erleben. Als Vorbereitung der Gewissensbildung mussten erst Gebote, dann die Gesetze erfüllt werden. Heute gehört es im Leben dazu, sich von innen her zu führen und im Augenblick das für ihn und seinem Weltzusammenhang das Richtige zu tun, was nicht immer leicht ist. – Auch wenn Christi Taten im Neuen Testament weit über dem menschlichen Gewissensgefühl steht, so kann man doch dort sehen, wie wohl alle Heilungen, Taten der Liebe, am Sabbat stattfinden und der Sonnabend gerade dadurch geheiligt wird. Die Heilungen sind möglich, weil der Kranke oder seine Fürsprecher sagen: „Ich will gesund werden!“ Ein Urbild für uns alle: Ich will gesund werden! Die Heilstat am Sabbat geschah, das Gesetz durchbrechend als das Im- Augenblick- Richtige zu tun, das AufrICHtende (da ist auch …I-C-H… enthalten), das mit einer grundlegenden Verwandlung des Kranken zu tun hat – eine kleine Auferstehung, die im Großen des Weltgeschehens am Sonntag, dem Sonnentag, im Gegensatz zum Saturntag geschah. (Hierzu E. Bock „Das Evangelium“, S.314). Mit der Frage der Gewissensführung scheint mir die 16. Stunde aus der Zukunft entgegen zu kommen bis hin zu der großen Bitte um die Geisterlösermächte, die wir stellen mögen.

Im dritten Bericht dieser Forschungstage in Hamburg, dem 5. Teil inhaltlich gesehen, wird nun dem doppelten Zeitstrom nachgegangen. Diese Überschrift gab mir die Anregung, den Beitrag zu schreiben, da ich in diesem Heft Form und Inhalt übereinstimmend erlebte. Dort kann man die Auswirkungen der Fragen des ersten Teiles verfolgen, wie ein Darinnenstehen im Zeitstrom ein Weg vom Ich zum Welten-Ich werden kann – in die Zukunft hinein, von da strahlt sie uns entgegen.

Unvorstellbar schrecklich wäre es doch, die Sinngebung des Reinkarnationsgedankens nicht zu haben – mit ihm aber auch das eigene Ungenügen zu spüren, das Gewissen, das jetzige Leben gegenüber der letzten Inkarnation nicht voll genutzt zu haben. Es kann nicht immer leicht zu ertragen sein. Manchmal wünscht man sich „einen Ziegelstein“. Mich traf er jetzt, schon 93jährig, in Form einer Schwerhörigkeit nach der Corona2. Dieser Ziegelstein sorgt dafür – nun ohne viel Termine – , dass Blumen, Vögel und Himmelserscheinungen jeglicher Art zu Freunden werden, sich an Menschen zu freuen und das Umgehen mit Mantren einen wesentlich existenzielleren Duktus haben als vorher – und ich weiß jetzt, warum ich so alt werden muss. Der Rück- und Vorblick wird ahnend deutlicher, so dass der Schluss des Korrespondenzblattes mir sehr nahe geht und deren Ausblicke in neue Vorhaben in Gemeinschaftlichem große Freude bereitet, dass so etwas Fortschrittliches geschehen wird in unserer immer schwerer werdenden Zeit.

Jetzt möchte ich doch zum Schluss noch eine Frage stellen. Durch Udi Levi ist mir eine Aussage von Rudolf Steiner übermittelt worden, in der er einem jüdischen Mitglied in Jerusalem gesagt habe, dass die Juden in Zukunft noch eine große Aufgabe hätten. Im Zusammenhang mit dem Vortrag vom 7.3.1914 ( Vortrag in „Vorstufen…“) frage ich, ob das die Kraft des „Übe Geist-Erinnerns“, das die Juden in ihrem Sinne durch Jahrtausende geübt haben, und wenn es dann verwandelt, durchchristet wäre, gemeint sein könnte?

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  1. Es sind nicht Menschen damit gemeint. Die Achtung der Persönlichkeit hat Vorrang ↩︎
  2. Die Corona-Krankheit scheint mir nicht aus dem persönlichen Schicksal zu kommen, sondern aus einem Menschheitlichen als Spiegel einer Zeitkrankheit. Wo sie einen trifft und wie man mit ihr umgeht, das ist wohl individuell ↩︎

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