Elisabeth Wutte (1949 – 2023)

  • Beitrags-Kategorie:Anthroposophie / KB10 / Nachruf
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  • Beitrag zuletzt geändert am:30. April 2024
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Ach Lizbeth,

dass du nun in die himmlischen Welten gegangen bist ist richtig schade!!!

Dein lustiges Lachen, deine helle Stimme, dein funkelndes Interesse, deine kreative Aktionsbereit­schaft – das ist hier auf der Erde, und in diesen Zeiten, etwas so Nötiges, so Schönes!

So hab Dank für deinen überreichen Segen, den wir, unter vielem Anderen eben in der Gemeinschaft der ersten Ausbildung für „Spirituelle Organisationsentwicklung“ am Quellhof so geniessen konnten – in diesen schönen Jahren von 2013 – 2016. Tiefer Eindruck auch: deine Abschlusspräsentation zu „Soziale Aspekte der 15. Klassenstunde – Das Mitwirken der 3. Hierarchie im sozial agierenden Menschen“ – deinem Metier! Das lebte in dir, wie als sozialer Antrieb, aber auch wie als Antrieb für Hochschule, Geistesforschen und Christus-artiges Verstehen und Entwickeln der Erdenkultur:

  • Empfinde, wie wir in deinem Denken empfinden” – weisen die Engel uns ins Sozialempfinden hinein,
  • Erlebe, wie wir in deinem Fühlen erleben” – weisen uns die Erzengel tiefer ins Sozialagieren hinein,
  • Schaue, wie wir in deinem Wollen schauen” – weisen uns die Archai ins Sozialdurchschauen hinein.

Schöpferisches Tun war angeknüpft daran. So zuerst diese immer kreativen Gespräche – immer up to date in allem Anthroposophischen: über die tiefste Esoterik, den Fortgang der Michaelschule, den konkreten Umgang mit den Klassenstunden, das Zusammenführen der Strömungen, das Zugehen auf die neuen Generationen, den Umgang mit dem Weltgeschehen und den Flüchtlingen. Du warst, wie so oft in den Weltereignissen, sofort aktiv, halfst, organisiertest unmittelbar ein Seminar zur Flüchtlingsfrage im „Quellhof“ mit Annemarie Thimm!

Du hattest schon soviel gemacht, als ich dich traf – Theater, Lehrerin, Theaterpädagogik in Herdecke, Muttersein, Waldorfpädagogik, Sprachförderung, Dozentin, Fortbildungen für Waldorferzieherinnen, „Start International“ – Nothilfeeinsätze in vielen Hilfsgebieten, Dreigliederung, Christologie, Bü­cher schreiben1, Mysteriendramen, Klassenstunden usw. usw.

Quelle: waldorfbuch.de

Wir hatten uns Anfang der 2000er im Lindengarten, bei Legau im Allgäu getroffen, als du nachfragend und begeistert interessiert mit Heinz Friedrich zu einem der ersten Seminare zu meinem „Seelischen Beobachten in der Natur“ vom Bodensee her angereist kamst. Und es war sehr innig draussen in der herrlichen Natur, nahe der Iller, zusammen wahrzunehmen bis in den Sonnenuntergang hinein.

Mit Heinz Friedrich und seiner lieben Frau hattet ihr damals am Bodensee schon mutig und eigenständig freie Klassenstunden gestaltet, Mysteriendramen eingeübt usw.! Kräftige, kreative, tiefgreifende Arbeit!

Die intimsten Gespräche mit dir waren die über Christus, du hattest auch eine Christusbegegnung erlebt und dadurch die Offenheit für Christuserfahrene andere Christen geelebt, dich bei der alt-steifen Anthroposophengarde unbeliebt gemacht, Isolation erlitten – und warst deinen Weg einfach wacker und doch so sensibel, und immer der mitfühlenden Tränen mächtig, weitergegangen.

Dann wieder deine Idee und dies schöpferische Zugreifen und Tun: die unendlich verbollwerkte Entwicklungsverhinderung durch die zur Machtherrschaft verkommenen Tradition der Klassenleserhoheit und der Lesegewohnheiten zu brechen – was lange unmöglich schienen. Dies eben, weil es nicht anders ging – um zu einem wahren, freien Leben und Entwickeln der Michael-Hochschule zu kommen, zu den – wie von Rudolf Steiner doch eigentlich gewünscht – freien Klassenstunden und einem echten geistigen Forschen irgendwann. Wir berieten hin und her, du plantest mit Günter Röschert und anderen – und – auch typisch für dich – brachtet es bald in die reale Tat. Das Buch „Perspektiven freier Hochschularbeit“, nach langer Vorbereitung 2019 erschienen, 23 Wege freier Klassenstundenarbeit dokumentierend2. Sie wurden von offiziellen Seiten teils geschmäht aber der „Auf-Bruch“ gelang – vielerorts waren ja ähnliche Wünsche oder bereits frei gehandhabte Klassenstunden entstanden – und nun wurde es einfach öffentlich und unabhängiger behandelt. Danach wurde von „offizieller Seite“ nachgezogen mit Publikationen und stärkeren Öffnungen.

Insbesondere habt ihr den freieren und mehr öffentlichen Austausch über die Klassenstunden mitgefördert. So waren die mehrmals im Jahr erscheinenden „Hochschul-Korrespondenzblätter“3 die nächste Tat.

Im Sommer 2023 schriebst Du im Korrespondenzblatt 7: „ … diese wunderbaren Sommermonate brachten für mich, Elisabeth Wutte, eine unerwartete Wende. Sie konfrontierten mich mit einer lebensbedrohlichen Krankheit, die meine ganze Aufmerksamkeit und Kraft in Anspruch nahm und auch weiterhin nimmt. So sah und sehe mich nun in der Lage, bei den nächsten Nummern des Korrespondenzblattes nur eingeschränkt mit­arbeiten zu können.“ Andreas Heertsch hat die Herausgabe nun übernommen.

2018 warst du, mit Heinz Friedrich und seiner Frau, mit in Bobbio in Italien, wo wir mit Renatus Debidge, Klaus Herbig, Griet Hellinckx, Simone Ziegenbalg und vielen anderen wahrnehmend die Christusnahen Nachklänge des späten Columban verfolgten – mit lichtvollen Erlebnissen und inniger Gemeinschaft. 2021 im Dezember schneitests du unverhofft in die intime nächtliche Vorweihnachtsrunde des Hermannshofes am Bodensee rein. Wieder diese Freude, die Tiefe und Intensität, der kurze Austausch über das geistig Wesentlichste. Wir mailten noch im Frühjahr 22, weil du dir einen Beitrag zum „Großen Hüter“ in der Naturwahrnehmung wünschtest: Was ich da konkret wahrnehme, sollte ich beschreiben. Ein berührendes Thema – ich muss dem noch nachkommen … !

Im Herbst letztes Jahr freute ich mich, dass ich nach dem Hören von schwerer Krankheit, deinen Namen auf dem Programm für das Hochschul-Kolloqium der AGiD im November 2023 las. Ich sah dich schon neben den lieben Freunden Dorian Schmidt, Ulrike Wendt und Steffen Hartmann sitzen. – Aber die schwere Krankheit sollte dich nun, nach 74 reichen Lebensjahren, zu anderem Tun auf höherer Ebene leiten … – ich hörte erst jetzt davon, dass du in diesem besonderen Dezember gegangen bist.

Liz, ich hör deine Glockenstimme, sehe deine seelenvollen, intensiv wahrnehmenden Augen, dein freudig-beflügelndes Zuwinken, deine Wegweisung – nun von der erhöhten Sichtwarte dort … . – Es geht weiter – und im Nachklang seh ich dich vollmächtig thronen: still, bewusst, in weiser Überschau, von karmischer Fülle so reif, – als Christus-Freundin.

Guten Weg dir

Dirk

1 Lisbeth Wutte, Sprachpflege und Wortkultur, Stuttgart 2010. Lisbeth Wutte, Mit Kindern Sprache leben, Stuttgart 2015 .

2 Wutte, Elizabeth (Hrsg.), Röschert, Günther (Hrsg.), Perspektiven freier Hochschularbeit, Schaffhausen 2019

3 Zu beziehen über: korrespondenzblaetter@anthroposophie.online

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